Vier Wochen Urlaub in Krefeld? – Gute Idee, warum auch nicht?

Hallo zusammen,

es ist wieder Zeit für eine Radtour. Wenn ihr mögt, nehme ich euch mit, unbezahlt und unbeauftragt. Neulich gab es in einer Facebook-Gruppe rund um das Thema „Radtouren“ die Frage: „Wonach sucht ihr Euch Eure Ziele aus? Was motiviert Euch eine Tour zu machen?“ Nun, das sind immer unterschiedliche Dinge, für die Tour auf die ich euch heute mitnehmen möchte zeichnet wohl ein Cartoon in einer Satirezeitschrift verantwortlich 😉

In der vergangenen Woche ging ein Cartoon von Leo Riegel in der Satirezeitschrift „Titanic“ in Krefeld ziemlich schnell viral. Logisch, Krefeld war Thema 😉

Natürlich ist das Ganze satirisch gemeint, warum sollte man vier Wochen in Krefeld verbringen wollen? Nun, ich lebe seit einiger Zeit und arbeite schon viel länger in Krefeld. Ich habe diese Stadt liebgewonnen, mag  (die meisten) Eigenarten der Menschen hier und finde die Stadt hat einiges zu bieten. Also, habe ich mich mal aufs Rad gesetzt und habe mir Krefeld angeschaut. Ich nehme Euch jetzt zu ein paar Orten in meiner Stadt mit, die ich sehr mag, spannend finde oder, na ja, an denen ich halt vorbei gefahren bin ;). Das hat natürlich alles gar keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Krefeld hat noch so viel mehr zu bieten, genug für deutlich mehr als vier Wochen Urlaub, aber vielleicht kann ich Euch ein bisschen was zeigen. Und wer weiß, vielleicht macht ihr Euren nächsten Urlaub ja in der Samt- und Seidenstadt.

Meine Tour startete fast am Kaiser-Wilhelm-Museum. Ihr merkt, wir fangen mal direkt mit Hochkultur an. Aktuell findet in Krefeld das Beuys-Jahr statt, der hier geborene Künstler wäre 2021 100 Jahre alt geworden. Kunst ist ja immer so eine Sache, da bin ich dann doch eher der bodenständige Banause. Dinge müssen mir gefallen, mich ansprechen. Bei moderner Kunst gelingt das nicht immer, bei Beuys eigentlich fast nie ;). Und trotzdem gehe ich immer mal wieder ganz gerne ins Museum, schaue mir die wechselnden Ausstellungen an und ab und an bin ich dann auch einfach begeistert.

Über den Südwall ging es dann weiter in Richtung Ostwall und Albrechtplatz. An der Ecke Südwall und Ostwall steht der Ponzelar, ein Denkmal an die Seidenweber in Krefeld. Vor ein paar Tagen trug er noch eine Maske, aber auch er braucht das bei den aktuell, glücklicherweise, niedrigen Inzidenzen nicht mehr.

Ein Blick den Ostwall herunter zeigt zum einen, wie Grün so eine Stadt dann doch ist und zum anderen sagt das Plakat in der Vitrine aus, dass es auch im Stadttheater so langsam wieder losgeht mit Vorstellungen.

Sagte ich schon was zu meinem Kunstverständnis? Nun, in Krefeld findet sich immer wieder aus Kunst im öffentlichen Raum. Eine recht bekannte Skulptur ist “ Das Ohr“. Na ja, eigentlich heißt die Skulptur „Building from the inside“ und ist vom Künstler Richard Deacon, aber seien wir ehrlich, warum der Spitzname „Das Ohr“ zustande kam ist jetzt nicht wirklich schwer zu verstehen, oder?

Die Skulptur steht auf dem Voltaplatz, die Skateranlage daneben heißt genauso. Direkt neben den Kiddies auf ihren Boards kommen auch BMX Fahrende auf ihre Kosten. Kleine Hügel, große Sprünge und eine Steilkurve sorgen für Abwechslung.

Über die Neue Ritterstrasse führte mich meine Route dann zur Feuer- und Rettungswache. Dort beginnt aktuell nämlich die Krefelder Radpromenade. Am „Bob-Miller-Platz“ vorbei ging es auf diesen tollen Radweg. Der Bob Miller Platz heißt übrigens so, weil mit ihm an einen 2002 im Einsatz verstorbenen Feuerwehrmann der Feuerwehr aus der Krefelder Partnerstadt Leichester erinnert wird. Die beiden Feuerwehren sind eng verbunden und es gibt jährliche gegenseitige Besuche.

Die Radpromenade führt aktuell von der Feuerwehr bis zu Straße „Im Trift“, dort warten im Moment alle darauf, dass die Bahn eine Brücke saniert und es eine Rampe für den Radweg gibt. Zur Zeit muss man einen kleinen Bogen über die Straße fahren. Auf jeden Fall zeigt die Promenade wie richtig geniale Radinfrastruktur aussehen kann.

Nach dem Schlenker über die Straße fährt man dann an der Gesamtschule Oppum auf den neuesten Teil der Promenade auf. Das Stück ist erst vor kurzem, virtuell natürlich, eröffnet worden.

Am Ende der Trasse landet man im Burghof. Na ja, fast. Auf jeden Fall ist es nur noch ein Katzensprung bis zur Burg Linn. Diese Krefelder Sehenswürdigkeit hat es sogar bis ins LiveTV bei der Tour de France geschafft. Und mit was, mit Recht! Die Burg Linn ist nicht nur einfach schön anzusehen und hat ein ganz besonderes Flair.

Durch eine kreative Burgherrin gibt es in, auf und um die Burg auch immer eine Menge zu erleben. Die Institutsleiterin, so heißt der Job offiziell, hat schon Sportevents, Gamingsessions, Lesungen und ein DriveIn-Museum am Start gehabt. Und als die AfD in der Museumscheune einen Bürgerdialog veranstaltet hat, waren dann wahrscheinlich mehrheitlich besorgte Bürgerinnen und Bürger, hat sie, mit a little help from her friends, ein Musikfestival gegen Rechts auf der Wiese vor der Burg organisiert. Chapeau!

Nur etwa einen Kilometer von der Burg entfernt befindet sich das Haus Greiffenhorst, oder auch Greiffenhorst-Schlösschen. Es stammt aus dem 19 Jahrhundert und wir heute für kleinere Veranstaltungen genutzt. Ich finde es einfach wunderschön. Den Park gleichen Namens direkt davor dürft ihr euch auch nicht entgehen lassen, er ist ebenfalls wunderschön und man kann herrlich spazieren gehen.

Im Museum Burg Linn gibt es, neben dem erwartbaren „Mittelalter-Kram“ 😉 , auch jede Menge Funde aus der Römerzeit. Ganz in der Nähe hat es eine Siedlung und ein Castell gegeben. Auch ein fränkisches Gräberfeld wurde gefunden, daraus resultiert auch ein Highlight im Museum, ein fränkischer Goldhelm. Wenn man in Richtung Hafen radelt merkt man es an den Straßennamen, Legionstraße, Tacitusstraße, Castellweg, Bataverstraße und am Römersee kommt man auch vorbei. Ach ja, den Helm findet man im Straßenbild übrigens auch recht häufig, er hängt an den Laternen. Und im Louvre in Paris war er auch schon. Ein echtes Highlight eben.

Etwas versteckt findet sich auch ein Schaubild der Lage der Siedlung, Vicus, und des Castells Gelduba. Von dort aus kann man auch auf das Wendebecken des Hafens blicken. Darunter werden noch mehr archäologisch spannende Artefakte vermutet, wenn sie nicht beim Ausheben des Beckens für immer vernichtet worden sind.

Vom Wendebecken im Hafen aus ging es dann weiter nach Krefeld-Uerdingen. Vorbei an einem Anker bin ich auf das Wahrzeichen des Stadtteils, vielleicht sogar eines von Krefeld im Gesamten zugefahren.

Die Rheinbrücke, 1936 unter dem Namen „Adolf-Hitler-Brücke“, eingeweiht, wurde, und da kommt die ganze Idiotie des Krieges zum Tragen, 1945 von Truppen der Wehrmacht gesprengt. 1950 wurde sie wiedereröffnet, dann mit dem Namen den sie noch heute trägt: Krefeld-Uerdinger Brücke.

In ganz Krefeld findet man wirklich schöne Fassaden an den Häusern, natürlich auch in Uerdingen.

Das Werft, kein Rechtschreibfehler, am Rheinufer wird gerade zum absoluten Hotspot in Krefeld. Lange war es halt einfach nur das Gelände vor dem Deich, jetzt wird es zum Treffpunkt. Unter dem Namen „Werft 765“, eine Anspielung auf das Stadtjubiläum, entwickelt das Stadtmarketing dort spannende Ideen. Blumenbeete die von Krefelderinnen und Krefeldern bepflanzt und gepflegt werden sind schon ein voller Erfolg, jetzt ist noch ein Wasserspielplatz und ein Schachfeld hinzugekommen. Ganz neu sind die Beachvolleyballfelder und ab 24. Juli gibt es auch noch ein Open Air Kino.

Schon ein paar Jahre länger gibt es die Rhine Side. Das Areal etwas oberhalb des Werfts bietet Gastronomie und immer wieder Live-Musik. Für mich besonders spannend sind dort aber die Streetarts. Im Rahmen der Rhine Side Gallery wurden vor einigen Jahren richtig starke Gemälde gefertigt, zusammen mit einer Schule kamen in der Pandemiezeit einige von Schülerinnen und Schülern hinzu. Für mich ist dieses der ursprünglichen Gemälde nach wie vor eines der stärksten und intensivsten Werke. Die Farben sind immer noch total kräftig.

Von den neueren beeindruckt mich dieses hier sehr, auf gleich mehreren Ebenen. Die Intensität finde ich super. Das ist übrigens Kunst mit der ich etwas anfangen kann ;).

Ganz in der Nähe der Rhine Side befindet sich die Weinbrennerei Dujardin, sie steht unter Denkmalschutz und war schon in einigen Filmen als Kulisse tätig. Szenen aus „Das Wunder von Bern“ zum Beispiel wurde hier gedreht. Es gibt auch Führungen durch das Gebäude und im Innenhof finden immer wieder Veranstaltungen statt. Eine tolle Location.

Aus Krefeld Uerdingen hinaus, vorbei am Chempark, bin ich dann nach Elfrath gefahren. Dort dann am Elfrather See vorbei, ein künstlicher See, der entstand als man die A57 gebaut hat. Hier wurde der dafür nötige Kies entnommen. Es gibt einen, wie ich finde, ganz guten Plan dieses Areal weiter zu entwickeln, unter anderem mit einem Surfpark. Dabei bleiben fast alle Wanderwege erhalten und es wird noch mehr Sportangebote geben. Mal sehen wie es wird.

Vom See aus bin ich über die Autobahn nach Elfrath gefahren. Also, über eine Autobahnbrücke natürlich ;). Mit dem Schwenk in Richtung Krefeld Traar führte mich der Weg dann an der Elfrather Mühle vorbei. Eine Turmwindmühle aus dem Jahr 1823 welche heute als Clubhaus eines Golfclubs und als Restaurant genutzt wird.

Und wo wir gerade bei schönen Mühlen sind, knapp 1,4 Kilometer von der Elfrather Mühle entfernt steht die Mühle am Egelsberg. Sie wurde 1802 in Betrieb genommen und hat vor kurzem restaurierte Flügel bekommen. Ein echter Hingucker wie ich finde.

In Sichtweite der Mühle liegt der „Sonderlandeplatz Krefeld-Egelsberg“. Dort wird Motorflug und Segelflug betrieben, es, wie so oft an solchen kleinen aber feinen Plätzen, ein Restaurant und einen Kinderspielplatz. Es ist wirklich schön hier oben. Man hat freien Blick auf die Bahnen und kann den Flieger zuschauen. Als ich jetzt dort war, war Segelflugbetrieb.

An einem wunderschönen alten Mercedes vorbei bin ich dann in Richtung Naturschutzgebiet Egelsberg gefahren. Rund um den Flugplatz gibt es nämlich herrliche Natur zu sehen.

Neben dem Weg durch den Wald gibt es auch Teiche und Sumpf zu entdecken. Einfach herrlich, man hört die Vögel zwitschern und um einen herum summt und brummt es. Einfach toll.

Vom einen Naturschutzgebiet bin ich direkt ins nächste gefahren, die Niepkuhlen. Diese Altrheinrinne zieht sich ewig lang am Niederrhein entlang, es finden sich immer wieder kleinere Seen oder Tümpel. Vieles davon steht unter Naturschutz und ist Lebensraum für viele Arten. Die Niepkuhlenbrücke führt bei Traar über eines dieser Feuchtgebiete.

Wer hätte gedacht, dass es hier sogar Flamingos gibt 😉

Natur gibt es in und um Krefeld eine ganze Menge, von den Niepkuhlen ging es dann auf Krefelds höchsten natürlichen Berg, den Hülser Berg. Hier gibt es auch einen Aussichtsturm, der ist wegen Corona leider gerade dicht, schön ist es hier trotzdem. Viel Wald und wenn man durch das Naturschutzgebiet Hülser Bruch fährt ist es einfach wundervoll grün.

Vom Hülser Berg durchs Hülser Bruch landet man dann irgendwann in…nun ja…Hüls ;). Auch dort gibt es eine Burg, beziehungsweise Reste davon. Erbaut 1455, glaubt man der Wikipedia, ist sie heute saniert und hat ein Trauzimmer.

Auf der B509, die hier Hülser Straße heißt, ging es aus Hüls hinaus in Richtung Kempen. Nach einigen Kilometern habe ich mich dann in südlicher Richtung auf St. Tönis zu bewegt.

Das ist zwar nicht mehr Krefeld, hat aber die gleiche Telefonvorwahl und auch ne Menge zu bieten ;), zum Beispiel diesen Wasserturm.

Kurz vor dem Krefelder Ortsteil Forstwald habe ich dann die Bahnlinie nach Viersen überquert. Wenn man sich für Eisenbahnen interessiert kann man dort durchaus ab und an spannende Züge zu Gesicht bekommen, vor allem Güterverkehr in die Niederlande. Bei meinem Stopp war es allerdings eine Regionalbahn die vorbeikam.

Das lassen wir mal besser nicht die Menschen sehen die der Querdenken-Bewegung angehören. 😉

Tschuldigung, aber der lag so schön vor mir, da konnte ich nicht anders. Forstwald ist sowohl ein Krefelder Stadtteil als auch, wie man ja vermuten könnte, ein Wald ;). Dort zu radeln ist herrlich, Sonne die durch die Bäume scheint, frische Luft, Vogelstimmen. Dazu ein Wildgehege und mittendrin ein schön bemaltes Trafohäuschen. Es ist einfach ein schönes Fleckchen Erde dort.

Eine „Fürsorgeerziehungsanstalt für schwer erziehbare Knaben“ war der Campus Fichtenhain 1905. Heute ist dort ein modernes Gewerbegebiet entstanden, welches aber dank der wunderschönen alten Bauten einen ganz besonderen Charme hat. Das Areal war mein nächstes Ziel nach dem Wald in Forstwald.

Der Radweg zum Campus Fichtenhain hat durchaus auch Stil.

An der Fachhochschule Niederrhein und der Brauerei Königshof vorbei bin ich dann wieder in die Innenstadt geradelt.

Passte auch ganz gut, es fing so langsam an zu regnen. Kurz bevor ich zu Hause ankam gab es einen heftigeren Schauer, also habe ich mich in der Nachbarschaft Samtweberei untergestellt. Ein faszinierendes Projekt rund um eine alte Samtweberei inklusive der Shedhalle.

Schaut mal auf die Website (HIER), das ist wirklich spannend und eine Erfolgsgeschichte. Ich bin gern dort, die Stimmung ist dort irgendwie…hm, urban gut? Mir fehlt der richtige Begriff, es ist aber einfach erfahrenswert.

Und dann war ich wieder zu Hause. Knappe 70 Kilometer Krefeld. Mein ganz persönliches Fazit zu dieser Stadt ist, sie hat Ecken und Kanten, aber auch so viel liebens- und lebenswertes. Es lohnt, sie zu entdecken. Wie zu Anfang geschrieben, das hier hat so gar keinen Anspruch auf Vollständigkeit, es ist ein kleiner Einblick in ein tolles Krefeld. Es gibt unglaublich viel und vielfältige Kultur, es gibt spannende Orte zu entdecken, Menschen zu treffen, Geschichte zu erleben oder einfach eine gute Zeit zu haben. Also, wenn ihr mal vier Wochen Urlaub habt….Krefeld wartet auf Euch 😉

Ich hab noch nen Relive Clip für Euch und natürlich wie immer das Angebot, wenn ihr irgendwelche Fragen habt, nur her damit.

Bleibt gesund und munter, passt auf Euch auf und habt eine gute Zeit.

Euer Martin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5 comments

    1. Hi, vielen Dank 😉 Aber da hast Du was falsch verstanden, ich habe keinen Urlaub, es ging nur darum, ob man ihn, wenn man ihn denn hat, in Krefeld verbringen könnte 😉

      LG Martin

  1. Tolle Tour! Schön zu lesen … und bestimmt klasse, sie demnächst so oder ähnlich nachzufahren. Danke 🙂

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