Natur, Geister und Streetart – Von Essen nach Krefeld

Hallo zusammen,

ich bin mit meinen Blogbeiträgen tatsächlich am Ende des Oktobers angekommen. Ich habe aber nicht Süßes oder Saures gesammelt, sondern bin knappe 70 Kilometer von Essen nach Krefeld geradelt. Wenn ihr mögt, nehme ich euch gern wieder mit auf Tour, unbezahlt und unbeauftragt natürlich.

Ich bin früh Morgens mit dem Zug nach Essen gefahren und habe mich dort am Hauptbahnhof auf den Sattel geschwungen. Direkt neben dem Bahnhof steht das Kunstwerk „Steile Lagerung“, welches an die harte Arbeit der Bergleute erinnert.

Vielleicht keine Kunst, aber bunt und witzig fand ich es trotzdem. In der Nähe des Denkmals ragten einige Lüftungsrohre aus dem Boden. Irgend jemand hat daraus Fliegenpilze gemacht ;).

Nach wenigen Metern durch die Innenstadt in Richtung Huttrop und Ruhr wechselte die Anmutung von Großstadt zu eher vorstädtischem Look.

Sagte ich schon, dass es Ende Oktober war? Nun ja, es war sogar der 31. Oktober und das ist für viele der Reformationstag, aber für etliche eben auch… Halloween. Obwohl in unserem Kulturkreis ja eigentlich nicht so recht heimisch, wird der amerikanische Brauch mittlerweile ja auch bei uns gefeiert. Ich bin an einem Haus vorbeigekommen, da zelebrierte man das Fest auf jeden Fall.

Wenige Kilometer weiter war ich dann an der Ruhr. Ich war allein mit meinem Rad, so früh am Sonntag Morgen. Es war still und die Luft einfach herrlich. Man muss einfach den Moment genießen können.

Direkt an der Ruh liegt auch die ehemalige Zeche Heinrich, beim Blick zurück konnte ich das Fördergerüst sehen. Die Überbleibsel der alten Bergbauepoche machen was mit mir, ich bin halt auf Kohle geboren und auch wenn ich schon einiges gesehen habe in der Welt, Heimat is da wo der Förderturm is ;).

Über herbstliche Wege direkt am Fluss entlang führte mich mein Weg dann in Richtung Essen Kupferdreh.

Der Stadtteil liegt auf der anderen Ruhrseite und ich habe den Fluss über die Kampmannbrücke überquert. Wenn ihr mal dort seid, haltet in der Mitte der Brücke ruhig mal an, dort gibt es eine Gedenktafel, beim Bau der Flussquerung ist ein Arbeiter ums Leben gekommen. Ein bisschen Andacht schadet sicher nicht.

Die Ruhr verbreitert sich hier zusehens und fließt dann in den Baldeneysee. Direkt am Ufer verkehrt die Hepertalbahn, eine historische Eisenbahn. Es war zwar kein Betriebstag, aber vor den Gebäuden konnte man zumindest diese Lokomotive und ein paar Wagen sehen. Im nächsten Jahr muss ich hier unbedingt mal mitfahren. Infos zur Bahn gibt es HIER.

Es gibt am Baldeneysee einen, mittlerweile, recht bekannten Fotostandort. Über Instagram hat sich da schon eine kleine Fangemeinde etabliert. Auf dem Weg dahin konnte ich auf der anderen Seeseite das Fördergerüst der ehemaligen Zeche Carl Funke entdecken. Einfach toll, wenn das bunte Laub da so drumherum in den Herbstfarben leuchtet.

Am Hardenbergufer, in der Nähe des alten Lehnsgutes Haus Scheppen, habe ich dann die Fotostelle erreicht, die ich bereits schon mal auf einer Radtour angefahren habe, die aber auch auf etlichen Instagramkanälen Eingang gefunden hat. Was soll ich sagen, zu Recht. Es ist schon echt hübsch da.

Nach einer kurzen Pause ging es weiter am Ufer entlang. Der See ist nicht nur Stausee und Erholungsgebiet, er ist auch eine Sportstätte. Auf der anderen Uferseite ist der Regattaturm zu erkennen.

Wozu mitten im See diese überdachten Boote liegen kann ich nicht sagen, ich würde mal aufs Angelhobby tippen, aber sicher bin ich mir da nicht.

Am anderen Ende des Sees angekommen bin ich über das Stauwehr gefahren, wer die Strecke mal nachradeln will, es gibt keine Auf- und Abfahrt, nur eine Treppe 😉 Also, das Rad muss raufgewuchtet werden. Eine Schiene ist aber an den Stufen vorhanden.

Vom Wehr aus hat man einen schönen Ausblick auf die dahinter weiter fließende Ruhr.

Ländlich schön bin ich dann langsam vom See weg geradelt. Das nächste Ziel war von weitem zu erkennen, die Niederlassung des deutschen Wetterdienstes.

Mit einem, noch recht neuen, Radarturm hat der DWD in Essen das Wetter im Blick und ist Dienstleister für etliche Wetterstationen im Land. Es gibt ein ganz interessantes PDF zu der Einrichtung, wenn ihr Euch da mal einlesen wollt, HIER geht es lang.

Wetter und Flughafen passt ja ganz gut zusammen, einen Steinwurf entfernt liegt der Flughafen Essen/Mülheim. Dort steht aktuell eine Antonov AN2 auf dem Hof. Bereits seit etlichen Jahren werden mit dem alten russischen Flugzeug Rundflüge über das Ruhrgebiet angeboten. Im Volksmund wird der Flieger oft „Roter Baron“ genannt, obwohl das gute Stück mal so gar nix mit dem legendären Fliegerass Manfred von Richthofen zu tun hat. Es wird wohl an der Farbe liegen ;).

Seit einiger Zeit steht dort auch eine Metro III, Erstflug war Anfang der 80er des letzten Jahrhunderts. Ob sie noch aktiv ist, keine Ahnung, richtig taufrisch sieht der Flieger nicht mehr aus.

Apropos taufrisch. Hinter der großen WDL Halle, in ihr steht in der Regel der Blimp „Theo“, welcher Rundflüge anbietet, steht aktuell eine Ju 52. Sie wurde 1944 an die französische Luftwaffe ausgeliefert und hat etliche Stationen hinter sich. Ein neu gegründeter Verein „WDL Oldtimer Freunde e.V.“ will sie jetzt restaurieren und dann am Flugplatz ausstellen. Nach einem Absturz einer Junkers Ju 52 in den Schweizer Alpen sind alle Flugzeuge „gegroundet“, dürfen also aktuell nicht mehr fliegen. Ich freue mich aber darauf, diese Maschine mal restauriert irgendwo zu sehen.

Beim weiterradeln bin ich am Wasserturm Mülheim-Fulerum vorbeigekommen. Das Teil ist eine eindrucksvolle Landmarke, drumherum ist alles recht ländlich geprägt. Das Design galt bei seinem Bau, in den 1970ern, als futuristisch und topmodern. Auf jeden Fall ist das Ding ein Hingucker. Er ist auch heute noch in Betrieb und versorgt Teile Mülheims mit Trinkwasser.

Nach dem windigen Wetter in den Tagen zuvor war dann ein Stück meiner ursprünglichen Route durch die Feuerwehr gesperrt, umgestürzte Bäume lagen im Weg. Nach einem kurzen Umweg näherte ich mich dann aber dem nächsten Ziel, dem Radschnellweg RS1.

Kurz vorher ging es noch ein kurzes Stückchen neben der A40 entlang und dann runter auf den RS 1.

Der Radschnellweg RS1 ist wirklich ein Traum für alle die mit dem Rad unterwegs sind. In weiten Teilen parallel zur Eisenbahn verläuft hier ein sehr gut ausgebauter Radweg. Ich habe ihn von Mülheim-Heißen aus in Richtung Duisburg benutzt. Regionalbahnen, S-Bahnen und der Fernverkehr der Bahn rauschen an einem vorbei, während man völlig entspannt hier entlang radelt.

In Mülheim selbst bin ich dann, immer noch auf dem Radweg, über die Ruhr gefahren, Die Strecke liegt, wie bei so vielen Radwegen im Revier, auf einer ehemaligen Bahntrasse. Die historische Eisenbahnbrücke über die man dann geführt wird passt da natürlich wunderbar rein.

Der Radweg endet dann leider kurz dahinter an der Hochschule Ruhr. Perspektivisch wird er bis nach Moers verlängert. Das wäre richtig stark. Schauen wir mal, ich bin auf jeden Fall über das Hochschulgelände auf die Duisburger Straße gefahren.

In Mülheim Spelldorf wurde aus einem ehemaligen Straßenbahn-Depot die Filiale eines Einzelhändlers. Zur Erinnerung steht immer noch eine alte Straßenbahn davor. Finde ich klasse.

Aus der Duisburger Straße wird dann irgendwann die Mülheimer Straße und man ist, ehe man sich versieht, in Duisburg.

Am Zoo vorbei führte mich mein Weg weiter in Richtung Duisburg Stadtmitte. Die Duisburger Verkehrsgesellschaft ist aktuell auch, wie Düsseldorf und Krefeld, mit einer „Pride Bahn“ unterwegs, also einem Zug, der die Regenbogenfarben trägt und damit für generell mehr Toleranz in der Gesellschaft wirbt. Finde ich klasse.

An den Haltestelle indes zeigt man wenig Toleranz mit den Hinterlassenschaften des Herbstes…. 😉 Irgendwie erinnern mich diese Rücksäcke immer ein bisschen an die Ausrüstung der Ghostbusters.

Der Straße weiter folgend stand ich dann wenig später vor dem Stadttheater in Duisburg. Auf dem Platz davor steht das Kunstwerk „5 Bögen“ des französischen Künstler Bernar Venet. Kunst liegt ja immer im Auge des Betrachtenden, aber mir gefällt es irgendwie. Die rostige Farbe kann ich gut mit dem Strukturwandel in Duisburg verbinden und rund ist halt immer irgendwie ein Kreislauf. OK, Kunstinterpretation eines Banausen, aber nun ja 😉

Das hier steht übrigens oben in Gold auf dem Gebäude des Theaters im Foto oben.

Durch Duisburg hindurch ging es an den Rhein. An der „Brücke der Solidarität“ bin ich abgebogen, noch auf der gleichen Rheinseite geblieben, und in den Rheinpark geradelt. Am Brückenpfeiler blickte mir schon Tweety entgegen, das ganze Areal ist aber voll mit, teils cooler, Streetart.

Zwischen den alten, bemalten Industriestrukturen gibt es immer wieder tolle Möglichkeiten zu spielen und eine gute Zeit zu haben. Gerade für Kinder ist der Rheinpark ein Eldorado.

Über die Hochfelder Eisenbahnbrücke habe ich dann schließlich den Rhein überquert. Wenn zeitgleich mit einem ein Zug darüber rumpelt ist das schon beeindruckend. Ich habe in der Mitte eine kurze Pause gemacht und ein wenig Schiffe und Umgebung auf mich wirken lassen.

Man hat einen ganz guten Blick auf das ehemalige Stadtwerke-Gebäude, der ikonische Kamin, zumindest das Gerüst davon, bleibt wohl erhalten. Rechts daneben ist der Hochbunker des Landesarchives zu sehen.

Auch die künstlerische Landmarke „Tiger & Turtle“ kann man von der Brücke aus sehen.

Auf der anderen Rheinseite war die Kirche Sankt Matthias in Hohenbudberg mein Ziel. Nach wie vor bekomme ich beim Anblick des Gotteshauses eine Gänsehaut. Eine gute Freundin von mir hat hier auf der Trauerfeier ihres Vaters gesprochen und es hat mich damals sehr bewegt und tut es bis heute. Deshalb hänge ich immer Gedanken nach, wenn ich hier vorbeikomme.

Ein Blick über den Fluss zeigt, neben Schiffen, auch wieder „Tiger & Turtle“ in der Ferne, dieses Mal von der anderen Seite.

In Uerdingen fuhr mir noch die „Neckartal“ vor die Linse bevor es dann in westlicher Richtung vom Rhein weg in Richtung Krefeld Stadtmitte weiterging.

Parallel zur Uerdinger Straße führte mich mein Weg dann durch den Sollbrüggen- und den Schönhausenpark in die Innenstadt und endete dann am Stadtgarten.

Der Stadtgarten ist ein ehemaliger Friedhof und bietet jetzt, mitten in der Stadt, Luft zum Atmen und Platz für kurze Spaziergänge.

Hach ja, das war wirklich eine schöne Tour, knappe 70 Kilometer lang und mit vielen schönen Eindrücken gespickt. Ich habe noch einen Relive Clip für Euch und hoffe natürlich, wie immer, euch hat der Beitrag gefallen.

Wenn ihr noch irgendwelche Fragen zur Tour habt, immer her damit, ansonsten wünsche ich Euch eine gute Zeit, bleibt gesund und achtet auf Euch und Eure Mitmenschen.

Euer Martin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4 comments

  1. Wie immer: teilweise bekannt, aber mit neuen Aspekten gespickt: danke dafrür! (Und endlich mal eine Strecke, die kurz genug ist, dass ich sie nachfahren kann 😉

  2. Hallo Martin,
    ich wünsche dir schöne Weihnachten.
    Ich hümpel aus Zeitgründen hinter deien beiträgen hinterher, daher erst heute meine Nachricht.
    Neben deinen immer schönen Fotos finde och das Bild mit den bunten Herbstlaub der Alle am Ufer des Sees am aller besten.
    Das Bild gehört an die Wand – super schön!
    Liebe Grüße
    Dagmar

  3. Lieber Martin, mal wieder ein Bericht, der mich mitten ins Herz getroffen hat. Du bist direkt am Ort meiner Kindheit vorbeigefahren, in Essen-Haarzopf. Den Mülheimer Wasserturm kann man von überall sehen, für mich eine Landmarke meiner Heimat. Die Tour, die Du gemacht hast, fahre ich vielleicht ab Haarzopf / Flughafen E-MH im Jahr 2022 mal nach.

    Dir alles Gute für das neue Jahr, bleib gesund und weiterhin so inspirierend.

    Michael

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