Bahntrassen, Halden, Schiffe, Zechen – Von Gelsenkirchen nach Duisburg

Glück Auf!

Ihr Lieben, ich war mal wieder im Ruhrgebiet unterwegs. Im Februar bin ich von Krefeld nach Gelsenkirchen geradelt, dieses Mal sollte es von Gelsenkirchen nach Duisburg gehen. Wenn ihr Lust habt nehme ich euch, unbezahlt und unbeauftragt, mit durch den Pott. Also, auf geht es…

Vom Bahnhof in Gelsenkirchen aus habe ich meine Radtour in Richtung „Solarbunker“ gestartet. Frisch war es, aber sonnig und klar. Der Solarbunker ist ein ehemaliger Erzbunker auf dessen Oberseite etliche Solarzellen aufgebracht wurden.

Die wunderbare Erzbahntrasse war das nächste Ziel. Also ging es ein paar Meter durch ein Gewerbegebiet und dann konnte ich auf die ehemalige Bahnstrecke auffahren.

9 Kilometer ist die Trasse lang und ich finde sie ist, neben dem RS1, eine der gelungendsten Radwege auf einer ehemaligen Bahnstrecke. Tolle Brückenbauwerke, ein Imbiss zwischendrin und herrlich zu fahrender Bodenbelag.

Ich bin auf dieser Trasse aber keine 9 Kilometer gefahren, sondern nur ein paar wenige bis zur Halde Pluto. Diese, im Vergleich, recht kleine Halde liegt am Emscherschnellweg und bietet einen interessanten Ausblick über die Region. Im leicht diesigen Wetter konnte man die etwas weiter entfernten Landmarken allerdings eher erahnen als erkennen.

Neben der Halde steht noch ein Fördergerüst der Zeche Pluto, man merkt also, man ist mitten im Pott.

Direkt neben Halde und Turm liegt der Emscherschnellweg, die Autobahn A42. Beim überqueren der Bahn mittels Brücke musste ich ein wenig schmunzeln. Während ich recht langsam fahren musste, weil die Brücke eine leichte Eisschicht hatte, fiel mein Blick auf Nordfrost….hätte es nicht gebraucht, war kalt genug 😉 .

Auf der anderen Seite der Autobahn bin ich am Heimatmuseum „Unser Fritz“ in Richtung Rhein-Herne Kanal vorbei geradelt.

Beim überqueren des Kanals gab es gleich zwei Schiffe zu sehen. In Richtung Herne fuhr die 1961 in der DDR gebaute Aby/Lou, ihr entgegen kam die 2016 in den Niederlanden gebaute Ares.

Ein paar Kilometer weiter bin ich dann auf das Gelände der ehemaligen Zeche Ewald eingebogen. Für mich, neben Zollverein, sicherlich ein Highlight unter den Zechen im Revier. Neben Eventlocation, wie man ja auf Neudeutsch so schön sagt, einer guten Gastro und authentischem Flair kann man dort gleich drei verschiedene Türme entdecken. Den Malakowturm, das ist der gemauerte Turm in der Mitte, er steht über dem Schacht 1. Links daneben steht ein Stahlkastenstrebengerüst über dem Schacht 2 und rechts neben dem Malakowturm steht der eindrucksvolle Doppelbock über dem Schacht 7.

Direkt neben dem Gelände liegt die Halde Hoheward. Für viele im Revier die schönste der vielen Halden, ich würde mich da nicht festlegen, ich mag sie eigentlich alle. Die Halde Hoheward ist aber auf jeden Fall besonders, zum einen ermöglicht sie den Blick auf die Zeche Ewald und zum anderen gibt es das, weithin sichtbare, Himmelsobservatorium auf ihrem Gipfel.

Hinter dem Doppelbock erkennt man übrigens die Arena auf Schalke, das Stadion des FC Schalke 04.

Das Horizontobservatorium ist ein Kunstwerk, an dem man bestimmte Tage ablesen kann, die Sommersonnenwende zum Beispiel. Allerdings gibt es Probleme mit Schweißnähten, so dass das Plateau drumherum und drunter aktuell gesperrt ist. Wie es da weitergeht weiß wohl keiner so ganz genau.

Die Aussicht von dort oben ist klasse. Quer über Herten hinweg erkennt man in knapp 5 Kilometern Entfernung, Luftlinie natürlich, die ehemalige Zeche Schlägel und Eisen.

Die ganze Halde, aber auch das Tableau werden auch für sportliche Aktivitäten genutzt, so früh am Morgen kamen mir etliche Joggerinnen und Jogger entgegen.

Von den knapp 150 Metern über Normalnull ging es dann über enge Serpentinen wieder hinab auf Umgebungshöhe und weiter in Richtung Norden. Über eine wirklich schöne Fahrradstraße führte mein Weg zwischen Bäumen hindurch. Ein Blick zurück zur Halde zeigt nochmal das Observatorium.

Ein paar Meter weiter bin ich dann auf die nächste Bahntrasse aufgefahren, dieses Mal die sogenannte Allee des Wandels. Ganz ähnlich wie die Erzbahntrasse eine alte Industriestrecke, welche die Zechen und Industrien der Region miteinander verbanden. Heute ein toller Rad- und Fußweg.

Wenn man sich auskennt, erkennt man immer wieder Relikte dieser Zeit, neben der Strecke zum Beispiel diese dauerbrandsichere Deflagrations-Endsicherung, umgangssprachlich auch Protegohaube genannt. Sie dienen dazu, Gase die in den ehemaligen Bergwerksanlagen unter Tage entstehen zu kontrollieren.

Auf etlichen Kilometern wird der Radweg von Rohrleitungen begleitet, glaubt man dem, was ich gelesen habe, ist das wohl eine Fernwärmeleitung.

Der Weg führt auch an den Wassertürmen von Herten vorbei, recht markante Bauwerke, auf dem nächsten Bild ragen sie über den Hügel neben der Trasse hervor.

An dieser Allee des Wandels liegt auch der „Wegweiser der Religionen“, die Installation sieht noch recht neu aus, auf jeden Fall finde ich das eine gute Sache. Wenn sich mehr Menschen auf ihre Gemeinsamkeiten besinnen würden anstatt sich zu bekriegen, wäre viel gewonnen.

Von der Halde Hoheward in der Ferne schon gesehen, bin ich dann jetzt an der Zeche Schlägel & Eisen vorbeigekommen. Der Name bezeichnet gleichzeitig auch die Insignien des Bergbaus, sie waren früher die wichtigsten Werkzeuge unter Tage.

Gegenüber der Zeche, also auf dem Bild oben auf der rechten Seite des Radweges, findet sich ein kleiner Imbiss und ein Parcour-Kurs. Letzterer ist mit coolen Streetarts verziert.

Weiter ging es durch Herten Westerholt, vorbei an der evangelischen Christuskirche und in Richtung Westen.

Über die B224 in Richtung Dorsten ging es weiter, dabei konnte ich auch ein Blick auf die BP Raffinerie in Scholven werfen. Dort wird, unter anderem Diesel und Ottokraftstoff hergestellt, also aktuell ist es da fast so, als würde man Gold einschmelzen. 😉

Recht unspektakulär, weil bis nach Dorsten schnurgerade, ging es auf der Landstraße weiter. Allerdings mit einer schönen baulichen Trennung zur Fahrbahn.

Kurz vor Dorsten kam mir dieser Gasballon entgegen gefahren. Anders als bei einem Heißluftballon braucht ein solcher Ballon keinen Brenner, das Gas in der Hülle trägt ihn dadurch, dass es leichter als Luft ist. Bei einem Heißluftballon muss die Luft in der Hülle erhitzt werden, damit der fahren kann. Der Ballon war zwar recht weit weg, aber so oft habe ich bei uns in der Region noch keine Gasballons gesehen.

Was er sich wohl gedacht hat? Vielleicht sowas wie: „Niedlich, die Menschen mit ihren Flugversuchen.“

Mittlerweile war ich am nächsten Kanal angekommen. Der Wesel-Datteln Kanal verläuft parallel zur Lippe und verbindet den Rhein bei Wesel mit Datteln. Ich war mittlerweile in Dorsten angekommen.

Ich bin dann ein ganzes Stück am WDK entlang geradelt. Dabei kamen mir auch ein paar Schiffe vor die Linse, als erstes direkt ein Schubverband. Zwei Leichter werden hier vom Schubschiff „Rhenus Wesel“ aus dem Jahr 1972 in Richtung Datteln geschoben.

Der Radweg war gut zu fahren, klassisches Kanalradeln halt. Für eine bestimmte Strecke mag ich das sehr, ob ich jetzt Lust hätte so einen ganzen Kanal abzuradeln, weiß ich nicht so genau, eher nicht, denke ich.

Ungefährlich ist das nicht unbedingt, man trifft auf ungewöhnliche Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer 😉 .

Nach etlichen Kanalkilometern und einem Kanalseitenwechsel war mein nächster Halt edel. Das Schloss Gartrop und die dazugehörige Wassermühle sind einfach richtig schön und ein tolle Rastpunkt. Ich hab hier eine mitgebrachte Stulle gegessen und einfach ein bisschen das Flair genossen.

Nachdem Snack wieder aufs Rad und weiter, wenig später wieder auf die andere Kanalseite zurück. Den Kanalseitenwechsel habe ich mit Blick auf die Schleuse in Hünxe gemacht. Vor der Schleuse war auch ordentlich was los. Diese Schleusenbauweise mit den großen Hubtoren finde ich immer wieder optisch eindrucksvoll.

Bis ich kurz vor Voerde scharf nach Süden abgebogen bin habe ich noch zweimal die Kanalseite gewechselt und bin gut voran gekommen. Das radeln war einfach herrlich bei dem Wetter und den Radwegen.

Über die Bundesstraße 8 führte mich mein Weg dann geradewegs nach Dinslaken. Das hätte man sicher auch landschaftlich schöner planen können, aber der Radweg war ganz gut und baulich getrennt von der Landstraße, also, alles gut.

In Dinslaken freut sich besonders mein Eisenbahner-Herz, dort habe ich NOHAB entdeckt. Diese Lokomotiven sind eigentlich amerikanische Lokomotiven, die aber in Europa durch einen schwedischen Lizenznehmer gebaut wurden. Dieses Exemplar hier fährt für einen privaten Anbieter und ist aktuell im Arbeitszugeinsatz an einer Baustelle bei Emmerich. Auf jeden Fall ein seltenes Exemplar.

An einem Museum in Dinslaken vorbei ging es weiter nach Duisburg, die Stadt liegt ja direkt nebenan.

Über Duisburg Fahrn bin ich dann, natürlich, noch kurz am Stahlwerk von Thyssen-Krupp in Schwelgern rumgefahren. Wer hier schon länger mitliest, der weiß ja, ich stehe auf diese Industriekultur und Schwerindustrie-Dinge. Dank einer Brücke über das Werksgelände hat man einen sehr schönen Blick auf die Kokerei, den Löschturm und eine Menge Eisenbahnflair.

Am Kühlturm vorbei habe ich dann so langsam das letzten Etappenziel der Tour angesteuert, den Duisburger Hauptbahnhof.

An der Salvatorkirche vorbei habe ich die letzten Meter und die Reifen genommen und dann schließlich eine ganz wunderbare , knapp 90 Kilometer lange, Radtour beendet.

Ich habe noch einen Relive Clip für Euch, dieses Mal allerdings ohne Fotos, irgendwas hat da beim Upload nicht gerockt, aber ich hoffe euch gefällt der Beitrag trotzdem. Wenn ihr irgendwelche Fragen zur Tour habt, immer her damit.

Bleibt gesund und munter, haltet die Ohren steif und seid nett zu euren Mitmenschen.

Bis bald,
Euer Martin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8 comments

  1. Hallo Martin,
    ich muss unbedingt auch mal eine Fahrradtour machen!
    Bei mir langt es mit dem Rad irgendwie immer nur um von A nach B zu kommen, weil ich ja keine KFZ habe.
    Das sind dann auch immer die gleichen Strecken.
    Schön ist auf jeden Fall, dass ich durch dich immer wieder viele interessante Dinge erfahre und sehen kann – super klasse!
    Ich wünsche dir ein schönes Wochenende.
    Liebe Grüße
    Dagmar

  2. Auf dieser Strecke gibt es ja jede Menge landschaftliche Schönheiten. Man vermutet es nicht, als Ruhri weißund hofft man aber auf solche Preziosen.

  3. Eine schöne Tour. Leider bist du bei deiner Tour nicht zum Trainingsbergwerk Recklinghausen e.V mal vorbei gekommen. Vielleicht schaust du das nächste mal bei uns vorbei. Diese liegt an der Zeche Recklinghausen 2

  4. Hallo Martin
    Du hast eine ganz tolle Tour kommentiert die ich als Ostruhri gerne gelesen habe. Nur hast du eine Zeche umgetauft. Du meintest ganz sicher das Bergwerk Schlägel und Eisen. Sie hatte unter den Kumpel’s noch einen anderen Namen. Aber den habe ich vergessen. 😁

    Ein herzliches Glückauf vom Ostpol des Ruhrgebietes

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