Radtour in die Vergangenheit

Hallo zusammen,

endlich ein neuer Blogbeitrag, hat leider etwas gedauert, weil das Ende meiner letzten Radtour anders verlaufen ist als geplant, aber dazu später mehr. Am vergangenen Dienstag hatte ich mal wieder Lust aufs Rad und bin, mit meinem Radträger auf dem Auto, nach Duisburg gedüst. Dort habe ich im Landschaftspark Nord eine etwa 50 Kilometer lange Tour begonnen, die mich in meine eigene Vergangenheit geführt hat. Aber der Reihe nach…

Los ging es erstmal mit einer großen Menge Sonnencreme, es war nämlich überraschend sonnig am Dienstag. Nicht so heiß wie auf Ibiza, aber trotzdem lecker warm..

Vom Parkplatz aus ging es dann auf das eigentliche Gelände des Parks, der von den Duisburgern oft nur LaPaDu genannt wird. Erstes Ziel war die Sandburg. Die was? Nun, derzeit wird versucht, die höchste Sandburg der Welt dort zu bauen. 15 Meter müssen es werden, damit der Rekord, der derzeit in Indien liegt, überboten werden kann. Schon ein interessantes Projekt, HIER gibt es ein paar Infos dazu.

Mein Weg führte mich dann vom Landschaftspark weg in Richtung Duisburg Hamborn, mit einem Schlenker an Duisburg Neumühl vorbei. Erstaunlich grün ist es hier…

Als ich mich Hamborn näherte kamen ziemlich viele Kindheitserinnerungen hoch, vieles hat sich verändert, Spielplätze, auf denen wir damals gespielt haben gibt es nicht mehr und auch Geschäfte meiner Kindheit existieren nur noch auf einem verblichenen Firmenschild….

Und einige Dinge gibt es immer noch, schon als kleiner Junge bin ich andächtig an der Schranke stehen geblieben, wenn die Werksbahn der Firma Grillo vorbeifuhr. Die Lokomotive ist nur 10 Jahre jünger als ich, wer weiß, vielleicht habe ich sie damals schon gesehen, als sie brandneu war. Ich hab mich auf jeden Fall gefreut, sie durch Hamborn fahren zu sehen.

Vom Bahnübergang ist es dann nur noch ein Katzensprung bis zum Clauberg-Gymnasium, oder besser dem, was davon übrig ist. Das Clauberg ist meine Schule gewesen, mein Gymnasium. Eine Schule im Duisburger Norden, damals galt sie als Projektschule, wir hatten sehr früh einen Computerraum, eine Schulbibliothek und eine eigene Turnhalle, aber die Schule hatte auch schon immer einen gewissen Ruf, kurz nach Gründung sprach man nur von der „Proletenschule“, klar, das Einzugsgebiet bestand aus den hart arbeitenden Menschen der Zechen und der Hochöfen, als ich die Schule damals mit dem Abitur in der Tasche verlassen habe, war aus der „Proletenschule“ die „Türkenschule“ geworden. 75 % Ausländeranteil, gemischte Klassen, Türkisch als Abiturfach….von außen mag der Ruf nicht gut gewesen sein, für mich waren es die besten Jahre. Meine offene Einstellung, mein Glauben daran, dass wir alle zuerst Menschen sind und es für ein friedliches Miteinander egal ist, wo du herkommst, meine Fähigkeiten zum Diskurs und meine Hochachtung vor anderen Kulturen….das alles kommt aus dieser Schule. Es gab Vollidiotenlehrer, na klar, wie an jeder Schule, aber es gab auch Menschen, die wirklich etwas bewegen wollten…bei mir hat es geklappt, ich bin meinen Eltern dankbar dafür, dass ich auf dieser Schule war…heute daran vorbei zu radeln hat etwas…komisches, etwas nostalgisches.

Bei meinen Touren durch Krefeld war ich ja einige Male an der Rhine Side Gallery, nicht so groß, nicht so bunt…aber Wandgemälde kann Duisburg auch, in Hamborn, an der Mauer eines Altenheims blickt einen dieser Kumpel an, klar, Lokalkolorit darf es schon sein. 😉

Von dort aus ging es dann, über den Hamborner Markt, was für ein herrliches Geruchs-, Farb, und Stimmwirrwar, direkt zu Thyssen. Auch hier bin ich als Kind oft langgeradelt. Damals gab es aber noch viel mehr Staub und Dreck in der Luft, auf den Autos und der Straße lag immer eine hellbraune Schicht. Da hat sich einiges geändert, auch wenn sich die Straße vor dem Thyssengebäude nachhaltig von einer Weide in Grefrath unterscheidet ;).

Auf zum nächsten Wegpunkt, es wird Zeit, endlich den Rhein zu sehen. Also ab nach Ruhrort, noch fix unter einigen Brücken des Stahlwerks durch und dann hoch auf den Deich. Blick zurück in Richtung Baerl…das Geleucht, der Rhein, Schiffe…Heimat!

Am Rhein entlang führte mich meine Route an der Schifferbörse und dem 1.000 Fensterhaus vorbei in Richtung Rhein-Herne Kanal. An diesem angekommen wurde Kurs Oberhausen angelegt und weitergeradelt.

Die Radwege am Kanal entlang sind wirklich schön, gut zu fahren und man kriegt ab und an am Rand sogar Kunst zu sehen. Wie etwa diese Sonne bei Oberhausen.

…oder der legendäre „Zauberlehrling“, der tanzende Strommast kurz hinter Oberhausen. Muss man mal gesehen haben.

Ein kurzes Stückchen noch am Kanal entlang und dann über eine Brücke die Seite wechseln. Osterfeld hieß es dann, und dort natürlich die Burg Vondern. Eine kurze Rast habe ich hier eingelegt, ein bisschen was getrunken und mir die schöne Burg angeschaut. Wenn man schon mal da ist.

Und dann wurde es wieder persönlich für mich. Von Osterfeld aus ging meine Tour über Oberhausen Holten zurück nach Neumühl, meine Heimat. Große Teile davon sind immer noch von, zum Teil toll renovierten, Zechenhäusern geprägt. Mit diesem Anblick bin ich aufgewachsen, viele meiner Schulfreunde wohnten in solchen Häusern.

…vorbei an der Kirche, in der ich getauft wurde, meine erste Kommunion und meine Firmung bekommen habe und ich der ich Messdiener war, dem Schmidthorster Dom…

..ging es auf direktem Wege zu meinem Elternhaus. Bis ich nach Grefrath gezogen bin, habe ich hier gewohnt. War eine tolle Zeit, eine schöne Kindheit und Jugend, wunderbare Eltern und ein super Freundeskreis. Ich neige nicht zur Sentimentalität, aber es ist schon so, manchmal möchte man die Zeit zurückdrehen, die Schulzeit war eine gute Zeit für mich. Andererseits ist das Leben spannend und die Zukunft ungewiss und voller Herausforderungen…Leben wir im Jetzt und nicht im gestern. Nur ab und an, da tut es gut, mal dorthin zu blicken, wo man herkommt und warum man zu dem geworden ist, was man ist….

…ja…und dann war da noch das Ende dieser, wirklich schönen, Tour. Als ich wieder am Parkplatz ankam, sah die Lichtrefelxion der Sonne auf meiner Seitenscheibe schon so komisch aus von weitem. Beim näherkommen habe ich dann gesehen….das lag daran, dass da keine Scheibe mehr war. Irgendwelche, bleiben wir sachlich, ars***pis**dreck**fotz**wichs*** Typen haben mir doch tatsächlich die Scheibe eingeschlagen und meinen Laptop geklaut. Mögen ihnen die Hände abfaulen und sie der Blitz beim Schei*** treffen. Und bevor jemand fragt, nein, der Laptop lag NICHT offen im Wagen herum. Aber, was nützt das jammern, weg ist weg….und so habe ich den Abend erst auf der Polizeiwache und dann in der Werkstatt verbracht. Sei es drum…

Ich habe euch wieder die GPS Daten rausgesucht und es gibt auch wieder ein relive Video. Ich hoffe, Euch gefällt der Beitrag und vielleicht habt ihr ja mal Lust, eine Ruhgebietstour zu machen….ohne Laptop im Auto 😉

GPS Daten

Euer Martin

1 comments

  1. Hat dies auf photokiste rebloggt und kommentierte:
    Starke Schilderung, starke Gefühle, schon toll.
    Ich müsste 650km in die Pedale treten, um eine solche Zeitreise zuwege zu bringen. Ziemlich unrealistisch, leidfer…

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